Der Nachmittag stand im Zeichen klarer Voten und Kritik, der Emotionen aber auch konstruktiver Ideen und einem allgemein vorhandenen Wohlwollen, an einem Strick zu ziehen. Geschickt moderierte Rolf Bezjak, Seelsorger und Gemeindeberater im Ruhestand, um heikle Klippen herum – immer mit dem notwendigen Respekt und der Anerkennung für die aktuell geleistete Arbeit, aber auch mit einem kritischen Auge auf die Realisierbarkeit der Zunftswünsche. Dank seiner Erfahrung – er hat zahlreiche Gemeinden im Aufbauprozess begleitet, zuletzt Meilen – weiss er um die Herausforderungen einer sich im Wandel befindlichen katholischen Kirche – nicht nur in Stäfa!

Wie sehe ich die Kirche? Eine Auswahl verschiedener Kirchen-Cartoons, zu denen sich die Teilnehmenden an den Tischen zum Thema «aufwärmen» konnten, gab schon erste Hinweise auf ein gespaltenes Kirchenbild, auf offene Gräben in Stäfa, aber auch auf Wünsche nach neuen Formen gelebter Kirche gerade von unseren jungen Gemeindemitgliedern. Sie möchten unsere Kirche weitertragen – ohne Ballast. In Gruppen wurde in einem konstruktiven Schlagabtausch anschliessend nicht nur schwarz-weiss gemalt, sondern auf roten und grünen Blättern Standpunkte festgehalten, was in der aktuellen Situation der Pfarrei positiv wie negativ ins Auge sticht.

«Rote Karten» erhielten: die seit Jahren anhaltende personelle Instabilität des Pfarreiteams, die fehlende Jugendarbeit, die Kommunikation der Pfarreileitung und der Kirchenpflege mit der Kirchgemeinde. Ebenso das aktuelle Führungsmodell, das einen Pastoralassistenten/Diakon in der Leitung einem verantwortlichen Priester als Pfarrer vorzieht. Aber auch nicht zeitgemässe, oft alltagsferne Gottesdienste und ein ausschliesslich klassisches Liedergut. Auf Grün standen die Ampeln für das kompetente Engagement der Kirchenpflege, die gute finanzielle Situation der Kirchgemeinde und ein attraktives Pfarreizentrum an guter Lage. Nicht zuletzt die fast lückenlose Planung der Gottesdienste mit Priesteraushilfen von nah und fern, was zwar einerseits wenig Spielraum für Kreativität und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet, aber anderseits dem grossen Bedürfnis der Pfarrei nach Seelsorge und Stabilität entspricht. Dafür wurde an die Pfarreileitung ein Dank ausgesprochen.

In der Symbolik steht die Farbe blau – unser letzter noch leerer Zettel und unsere letzte Runde – für Besonnenheit, für Vertrauen und Aufrichtigkeit und vor allem für die nächsten und dringenden Ziele, die wir gemeinsam erreichen wollen. Sie sagen uns, was jetzt wichtig ist: Die Suche nach einem leitenden Priester als Pfarrer und Seelsorger, eine lebendige Jugendarbeit, Wertschätzung, Offenheit und Dialogbereitschaft und last but not least «Neue Lieder braucht das Land»! In einer letzten Runde haben der Kirchenpflegepräsident und der Gemeindeleiter «Action Points» aus diesen blauen Zetteln identifiziert und sich vorgenommen: Neben der dringenden Suche nach einem Pfarrer (im Bewusstsein, dass die Auswahl nicht gross sein wird) und dem Neuaufbau einer Jugendseelsorge auch: häufiger und regelmässig zuhören, Raum und Formate schaffen für einen engeren Austausch mit den Gemeindemitgliedern und einen transparenten Informationsfluss – so wie wir ihn heute erleben durften.

Allen Teilnehmenden danken wir herzlich für die engagierte Diskussion und die vielen wertvollen Impulse zur Situation in der Pfarrei, wie wir sie wahrnehmen und empfinden und wie wir sie uns in Zukunft wünschen und hoffentlich in diesem Sinn gestalten können, mit Geduld und langem Atem.